ZEHN-NEUN-ACHT: Die Notrufnummer für Kinder in IndienAmiras Rettung

Amira ist 15 Jahre alt. Sie besucht heute die achte Klasse einer englischen Mittelschule in Bangalore. Sie kann fließend Englisch, Kannada, Urdu und Hindi. Vor fünf Jahren konnte sie nur ihre eigene Muttersprache Urdu und ging nicht zur Schule. Amiras Vater zieht sie und ihre vier älteren Geschwister alleine groß. Als Gelegenheitsarbeiter bringt er nur wenig Geld nach Hause, es reicht gerade zum Überleben. Für die Schule bleibt da nichts übrig – schon gar nicht für die Jüngste. Amiras Vater verschuldet sich. Auch bei einem Lokalpolitiker.

Amiras Vater kann seine Schulden nicht zurückzahlen. Da macht ihm der Politiker das Angebot, seine Schulden zu erlassen, wenn im Gegenzug Amira in seinem Haushalt arbeitet. Für Amiras Vater hört sich das nach einer Chance für seine Tochter an. Und so setzt er sie eines Morgens in einem Nobelviertel Bangalores ab. Ab diesem Tag bricht die Hölle in Amiras Leben los.

Ausgebeutet und misshandelt

Amira wird gnadenlos ausgebeutet: In der Wohnung eingesperrt, kümmert sie sich um alle Arbeiten im Haushalt. Sie versorgt die Kinder, wäscht, putzt, bohnert und kocht. Für jeden kleinen Fehler wird sie bestraft, oft geschlagen. Der Hausherr schlägt sie auch, weil sie es wagt, mit einer Nachbarin zu sprechen. Amira ist zu diesem Zeitpunkt zehn Jahre alt. Und vollkommen verzweifelt. 

Nachbarn hören das Weinen des Mädchens, darunter ein Anwalt. Er erkennt die Situation und wählt die 1098, die Nummer des Don Bosco-Kindernotrufs. Überall prangt diese Nummer in großen Ziffern. Der Anwalt hat sie täglich auf Plakaten auf dem Weg zur Arbeit gesehen. Auch auf der Rückseite von Schulheften ist sie zu lesen. Noch am gleichen Abend holt ein Don Bosco-Team Amira aus der Wohnung. 

In den Grundschulen lernen Kinder u.a. bis zehn zu zählen. Eine einfache Übung mit großer Bedeutung. Denn sobald die Kinder das einmal eins beherrschen, lernen sie auch rückwärts zu zählen. Und das kann in Indien Leben retten. Denn Zehn, Neun, Acht (1098) ist in Indien die Nummer des landesweiten Kindernottelefons. Rund um die Uhr können Jungen und Mädchen in Not die Don Bosco-Childline anrufen und um Hilfe bitten. Auch Erwachsene können die 1098 wählen, wenn sie etwas Verdächtiges beobachten. Don Bosco hat auf allen Bus- und Bahnhöfen große Plakate aufgehängt. Auf ihnen wird gezeigt, wie Kinder in Not zu erkennen sind und wie man ihnen helfen kann.

Seit über 40 Jahren ist Don Bosco in Bangalore im Einsatz, um Kinder und Jugendliche in Not zu retten und wieder mit der Familie zusammenzuführen. Die Don Bosco-Teams sind an Bahnhöfen, Bushaltestellen und Marktplätzen und auch an zahlreichen öffentlichen Plätzen in der Stadt präsent. Sie sind überall dort, wo sich gefährdete Kinder aufhalten könnten – rund um die Uhr. Das 18-köpfige Don Bosco-Team arbeitet im Schichtdienst am Bahnhof. Mit der Kindernotrufnummer 1098 können Mädchen und Jungen Hilfe rufen – rund um die Uhr. In der Datenbank HomeLink sind über 300.000 Kinder erfasst. Mehr als 150.000 sind dank der Datenbank bereits gerettet.