Erfahrungsbericht Catalina, 20 Jahre

Von der Kindersoldatin zur Studentin

Vergangenheit und Zukunft: Catalina* musste als Kindersoldatin in Kolumbien viel Gewalt und Leid erfahren. Dank Don Bosco kann sie wieder in ein normales Leben zurückfinden und fühlt sich jetzt als Botschafterin des Friedens.

Catalina tanzt gerne, am liebsten Flamenco und Tango. Der Tanz hilft ihr, die Vergangenheit, geprägt von Gewalt, Missbrauch und Unsicherheit zu vergessen – und ihren Traum eines normalen Lebens näher zu kommen.

Die 20-Jährige war Kindersoldatin in Kolumbien und verlor während ihrer Zeit bei den Rebellen ihren Lebensgefährten. Sie schloss sich freiwillig einer Rebellengruppe an: »Ich lief mit 13 Jahren von zu Hause weg, weil mein Stiefvater ständig betrunken war und mich verprügelte. Er versuchte sogar, mich zu vergewaltigen.« Doch ihre Mutter, der sie sich anvertraute, glaubte ihr nicht. Schließlich begann sie, Drogen zu nehmen, und lebte fast nur noch auf der Straße. Dann versuchte sie sogar, sich das Leben zu nehmen. Nach 15 Monaten wurde sie von der Armee verhaftet und in die Obhut des Jugendamtes übergeben. So fand sie den Weg zu Don Bosco in Medellín. Hier holt sie die verlorene Schulzeit nach und studiert Gesundheitsmanagement. „Die Zeit bei der Guerilla wird immer ein Teil von mir bleiben. Aber dank der Hilfe von Don Bosco konnte ich das Erlebte überwinden und meinen Traum von einem Studium verwirklichen“, erzählte die junge Frau mit strahlendem Lächeln.

Einen Neuanfang wagen

Zu einem gelungenen Neuanfang gehört die ganze Familie. Daher organisiert und begleitet Don Bosco Treffen zwischen betroffenen Eltern und ihren Töchtern und Söhnen. Im Oktober 2018 kommt es zu einem ersten Treffen von 14 ehemaligen Kindersoldaten mit ihren Eltern, Geschwistern, ihren Onkeln und Tanten – das erste Mal seit sechs Jahren seit sie zu Soldaten zwangsrekrutiert wurden. Die Familienangehörigen reisen zum Teil von weither an. Sie sind froh, dass ihre Kinder noch leben. Aber auch voller Sorge um ihre Töchter und Söhne, die ihnen fremd geworden sind. Es beginnen bewegende Tage – schützend begleitet von Psychologen, Pädagogen und Sozialarbeitern. Zögernd und behutsam nähern sich die Familien und die Jugendlichen einander an. Es dauert, bis eine erste Umarmung zwischen Eltern und ihren Kindern gelingt – ein wichtiger Schritt damit sie Frieden finden, wieder Teil der Gesellschaft werden und in ein neues Leben gehen können.

Auch Catalina hat wieder Kontakt zu ihrer Mutter. Das macht sie überglücklich. Vor der Zukunft hat sie keine Angst mehr. „Ich möchte Krankenschwester werden, das habe ich meiner Mutter versprochen.“

Ciudad Don Bosco in Medellín

2003 haben die Salesianer Don Boscos in der kolumbianischen Metropole Medellín ein Schutzprogramm für Kindersoldaten initiiert. Um die gesellschaftliche Integration zu erreichen, arbeiten die Don Bosco Mitarbeiter eng mit den Familien der Betroffenen zusammen. Bisher erhielten 2.300 Jugendliche Hilfe, rund 85 Prozent von ihnen fanden den Weg in ein neues Leben. Catalina gehört dazu. Sie blickt zuversichtlich in die Zukunft und will andere vor ihrem Schicksal bewahren. Deshalb ist sie auch eine Protagonistin des Films »Alto el fuego« (Waffenstillstand) geworden, in dem sie über ihre Vergangenheit als Kindersoldaten berichtet. Denn sie hat zu viele Kinder und Jugendliche sterben sehen.

Ihr größter Wunsch ist es, dass der Frieden in Kolumbien anhält und sie später eine Arbeit finden und eine Familie gründen kann.

Text: Kirsten Prestin