T urin im 19. Jahrhundert: Hier in Norditalien geht es dank der Industrialisierung wirtschaftlich bergauf. Das zieht Menschen vom Land an, die hier ihr Glück versuchen. Sie kommen mit ihrer ganzen Familie oder schicken ihre Kinder, damit sie Arbeit finden, um die Fa- milien zu ernähren. Eltern haben immer weniger Zeit für ihre Kinder. Jugendliche aus armen Verhältnissen werden ausgebeutet. So treiben sich immer mehr Kinder- und Jugendgruppen in den Straßen der Stadt herum, wer- den zum Ärgernis für die erwachsene Bevölkerung und stehlen sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Sich selbst überlassen, verrohen sie, leben im Dreck der Fab- riken, landen im Gefängnis und wollen doch eigentlich nur Kind sein. Don Bosco schaut hin und begreift, dass sie am wenigsten für ihre Lage können und beschließt, ihnen zur Seite zu stehen. mungen seiner Zeit setzt sein pädagogisch-pastoraler Ansatz dabei auf Liebenswürdigkeit, Einsicht und Glaube statt auf harte Strafen. Visionär Don Bosco gibt den Jugendlichen eine Heimat in seinem „Oratorium“, einem offenen Jugendzentrum. Er kümmert sich um sie, lehrt sie Lesen und Schreiben, hilft Ausbil- dungsplätze zu finden, teilt die Freizeit mit ihnen und ist in den großen und kleinen Sorgen auf dem Weg zum Erwachsensein einfach für sie da. Aus dieser Haltung he- raus entwickelt er die vier Grundfesten Zuhause, Schule, Spielplatz und Kirche, die bis heute in jeder Don Bosco Einrichtung mit Leben gefüllt werden und die präventive Pädagogik Don Boscos ausmachen. Revolutionär Sein Fokus auf eine vernachlässigte, im heutigen Jargon gar „nicht-systemrelevante“, Gruppe von Menschen ist zu damaliger Zeit revolutionär. Er ist überzeugt vom guten Kern in diesen jungen Leuten am Rande der Gesellschaft, der nur gehegt und gepflegt werden muss, damit aus ihm ein starker, eigenständiger Baum wächst. Ein Baum, der Wurzeln hat, Früchte trägt und unter dessen Ästen andere Schutz und Schatten finden. Entgegen den Strö- Lebenswerker Sein Mut und sein Optimismus stecken an: Schon damals wollen sich viele der Jugendlichen, die er betreut, mit ihm engagieren. Deshalb ruft Don Bosco 1859 die „Gesell- schaft des Heiligen Franz von Sales“ ins Leben – die Salesianer Don Boscos. Unermüdlich kämpfen seitdem als zweitgrößte Ordensgemeinschaft der katholischen Kirche tausende Ordensbrüder, Mitarbeitende und Laien gegen Jugendarbeitslosigkeit, Analphabetismus, Kin- P 5 „Wer weiß, sagte ich zu mir, wenn diese Jungen draußen einen Freund hätten, der sich um sie kümmert, ihnen helfen und sie in der Religion unterrichten würde – wer weiß, ob sie sich dann nicht vom Untergang fernhalten könnten oder sich wenigsten die Zahl derer verringerte, die wieder ins Gefängnis müssen?“ Don Bosco